Mirko

Bei sich sein, anwesend sein, Blickkontakt, - Schlüssel für Verbindung

 

 

Ein fuchsfarbener Vollblut-Wallach rennt hin und her am Zaun des Reitplatzes. Er wiehert aufgeregt nach Artgenossen: - Hauptsache, irgendein Pferd soll in einer Nähe sein! Hier fühlt er sich nicht zuhause!

Überall ist Mirko mit seiner Aufmerksamkeit, nur nicht hier bei uns …

 

 

Auf einem meiner Kurse begegnen mir der Vollblüter Mirko und seine junge Besitzerin Anna. Ich habe am Beginn des Kurses mit meiner Stute Kempa auch Grundlagen aus der Freiarbeit gezeigt, und Anna fände es so toll, wenn Mirko und sie das auch so hinbekommen würden. Schon allein, daß sich Kempa ganz frei fürs Aufsteigen neben der Aufstiegshilfe „eingeparkt“ hat, fand Anna beeindruckend. Aber am meisten fasziniert hat sie das „Führen“ ganz frei, ohne Seil. Daß Mirko einfach so mit ihr mitgehen würde, fände sie wunderschön.

 

Mirko und Anna sind ein sehr nettes Team. Sie verstehen sich gut miteinander und starten auch mal miteinander auf Turnieren. Nur Freiarbeit war bei ihnen noch gar kein Thema.

 

So schauen wir also, welchen Einstieg wir bekommen. Und Mirko gibt gleich die Vorlage, denn als wir alle drei auf dem Reitplatz sind und er vom Strick losgemacht wird, fängt er eben an, so sehr aufgeregt herumzurennen und am Zaun nach seinen Pferdekollegen zu wiehern. Überall ist er selbst und sind seine Gedanken, nur nicht mehr hier bei uns. Freiarbeit und Zusammengehörigkeit ohne Verbindungsseil sind auch ihm noch fremd.

 

 

Da er sich augenscheinlich „verabschiedet“ hat, beginne ich, Anna eine erste Möglichkeit zu erklären, wie sie Verbindung ohne Strick herstellen kann:

 

„Nun tu mal so, als ob du einen Strick HÄTTEST. Das fühlt sich so an wie eine Pantomime, - so als wären wir unsichtbar aneinandergebunden. Wenn du jetzt neben mir gehst, dann tust du so, als ob du dich nicht bewegen kannst, wenn ich mich nicht ebenfalls bewege: - Du kannst also nicht einfach alleine losgehen und dich darauf verlassen, daß ich schon mitkommen würde. Sondern du motivierst mich zum Mitkommen und genau dann kannst du dich auch wieder bewegen, mit mir zusammen. Dann gehen wir synchron gemeinsam.“

 

Während wir miteinander üben, und mal ich und mal sie das „Pferd“ sind, ist Mirko nach wie vor am Wiehern. Er rennt immer noch am Zaun entlang und versucht mit den anderen Pferden in Kontakt zu kommen, ohne uns Aufmerksamkeit zu schenken.

 

 

Aber nun hat Anna das Verbindungs-Gefühl in sich verkörpern können. Und jetzt möchte sie es gleich mit Mirko teilen.

Das wird nun spannend für sie, denn mit einem geistig anwesenden Pferd ginge das sicher schon, wie aber mit einem ganz aufgedrehten?

 

            „Siehst du, - jetzt werden wir erst einmal zu seinem Ansprechpartner in einer für ihn schwierigen Situation,“ meine ich zu Anna und stelle mich mit ihr hin, bestimmt 20 m entfernt von Mirko.

Und wir tun, - nichts. Wir stehen nun einfach da und lassen auf uns wirken, was er so tut. Einfach schauen und nichts wollen. Ein Warten ohne zu warten. Wir sind einfach da. Wir sind aber auch da … für ihn ...

 

Und schon im Moment darauf trifft auf seiner Tour ganz plötzlich sein Blick den meinen, den unseren. – Und wie angewurzelt hält er inne.

In dem haltlosen und beängstigenden Raum, in dem er sich eben noch befunden hat, hat sich plötzlich eine Verbindung materialisiert!

Unser ruhiges Anwesend-Sein hatte die Leere zwischen ihm und uns zu einem Raum gewandelt. Ein Begegnungsraum war entstanden.

 

Im nächsten Sekundenbruchteil dreht Mirko sich um und steuert pfeilgerade auf uns zu.

Er kommt bei uns an, stellt sich zu uns, seufzt, und wirkt SO froh, daß er jemanden in der einsamen und verstörenden Fremde gefunden hat. Endlich einen Ankerplatz, einen Ort des Miteinanders.

 

Kurz darauf gehen Anna und Mirko miteinander, ohne Strick, nur mit ihrer unsichtbaren Verbindung, im umzäunten Platz spazieren. Als ob sie das immer schon so gemacht hätten …

 

 

Die Zuschauer am Rand des Platzes fragen mich später, welcher Zauber da vor sich gegangen sei?! Schließlich hatten wir Mirko nicht getrieben, nicht für alle sichtbar eingeladen? Ein Join-Up, das urplötzlich von selbst stattfand? …

 

 

 

 

 

  

 

 

 

 

 

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