BIRK

- vom verspannten Paß zum federnden Tölt

 

 

Auf einem Ausritt mit einer Reitfreundin darf ich Birk, einen ihrer Islandwallache reiten. Ein sehr feines, spüriges und reaktives Pferd. Birk wird zu der Zeit hauptsächlich von einigen Reitbeteiligungen geritten. Meine Freundin meint schon, er sei nun immer steifer und sehr passig geworden. Auch sei er eher unsicher.

Schon beim Putzen fällt mir sein eher verschlossener Gesichtsausdruck auf, und ich versuche ihm zu vermitteln, daß ich mit ihm kommunizieren und mit ihm zusammenarbeiten möchte, - und auch schon beim Putzen und Hufegeben mit ihm im Dialog sein möchte.

 

Das Hufegeben nutze ich gleich zu einer Balance-, Kommunikations- und Körpererkundungsübung: Seine Verankerung in der Hinterhand (Psoas) ist schlingernd, verbessert sich aber gleich deutlich. Sie ist wichtig für die federnde Tragkraft der Hinterhand und die Befreiung von Rücken und Vorhand. Außerdem wirkt die Psoas-Verankerung auf das Ankommen im, und das Interesse am, Hier und Jetzt. Birk nimmt dadurch schon etwas mehr teil und wirkt belebter.
Dieses Teilnehmen wird beim nun folgenden Reiten ein wichtiger Schlüssel zur Veränderung von Birks Bewegungsweise.

 

 

Beim Reiten hält Birk den Rücken fest und schiebt seinen Körper linear vorwärts, statt ihn mit Auf- und Abbewegungen zu befördern. Verursacht wurde dies bei ihm wohl einerseits durch ein Gangbild, das er von Haus aus mitbrachte, aber wohl auch durch „Sitz“ und vorwärtsschiebende Einwirkung, bzw. einem schlichten „sich tragen lassen“, seiner ReiterInnen. Hier wurde wohl nicht an Federung „auf und ab“ gedacht und geritten, sondern nur nach unten oder vorne-unten in den Rücken "gesessen". (Sitzen ist in unserem Sprach- und Körpergebrauch verknüpft mit einem „nach unten Ablasten des Körpers auf eine Unterlage“; vgl. „auf dem Ball sitzen“ gegenüber „mit dem Ball hüpfen“).

 

 

Im Laufe des Ausritts leite ich Birk nun mit meinen Beinen, zwischen meinen Knien und mit meinem auf Auf und Ab eingestellten „Sitz“ (d.h. meiner ganzen Körperjustierung) an, nicht nur vorwärts zu rennen, sondern „unter mir“ zu bleiben, und dort, zusammen mit mir, wie ein Ball auf und ab zu federn. Und feder-leicht ist auch mein "Sitz" an seinem Rücken. Aber ganz sicher und mit ihm in Verbindung.

Meine Körperhaltung und Muskulatur ist unverspannt-stabil gegen sein flaches Vorwärtschieben, aber mobil für die wellenförmige Auf- und Ab seines Körpers. Mein Körper wirkt, im Zusammenspiel mit dem, Birks Körper einfangenden und zu Balance (Federung) zurückführenden Zügel, balancierend und „aufräumend“ auf seinen Körper. Mein Körper kommuniziert mit seinem, und will ihn von der besseren, d.h. angenehmen und seinem Körper entsprechenden losgelassenen (gelösten) Bewegung überzeugen. Mein Körper will ihn dorthin mitnehmen und motiviert ihn: „Komm, mach mit bei diesem meinem Bewegungsvorschlag!

 

 
Und zunehmend löst Birk sich aus seinem vorwärtsschiebenden Automatismus und hört mehr und mehr auf meinen Körpervorschlag. Er begreift, zunächst im sehr langsamen Tempo, die andere Bewegungs- und Körperkoordination, aber
schon bald kann er diese auch im schnelleren Bewegungsablauf gut koordinieren.

 

Dabei muß ich sehr auf meine eigene gelöste Balance und gelöste Atmung achten, bei gleichzeitiger präziser Koordination seiner und meiner Bewegung, da er die kleinste Verspannung von mir mit Verspannung quittiert.
Gelöste Balance, gelöste Atmung, runder Bewegungsablauf, - ich muß ihm das sichere Geleit geben und genau auf ihn achten und eingehen, mich mit ihm abstimmen und koordinieren. Wir sind im detaillierten Körpergespräch, so wie zwei Tänzer, oder vielmehr, wie zwei Akrobaten übereinander. Nur so vertraut er mir in der neuen Körper- und Bewegungskoordination, und vor allem auch mehr und mehr sich selbst.

 

 

Nach und nach können wir sogar Übergänge wagen aus dem nun federnden Tölt,- zum Trab, zum Schritt und auch zum gesprungenen Galopp, und wieder zum Tölt. Es ist eine Freude.

 

Das Ganze nun am leicht durchhängenden Zügel. Den brauchen wir ja nicht mehr, da sein Körper in Balance über seinen Beinen auf- und abfedert, und mit meinem Körper in Verbindung bleibt, statt darunter davonzulaufen. Und weil wir beide, Körper zu Körper, (federleicht) verbunden und sicher koordiniert sind, - wie der Wellenreiter auf und mit seinem Brett, oder ein Mensch mit seinem Hüpfball. Ich muß keinen Körper mehr vor dem Vorgeschoben-werden oder Wegrennen zurückhalten.

 

Und Birk wirkt nun auch viel sicherer und mutiger. Wir sind vielem gewachsen in unserem Gleichgewicht. Haben eine gute Verbindung zum Boden und können vielem sicher und beherzt begegnen.

 

 
Meine daneben reitende Freundin freut sich sehr, wie Birk nun federnd, in natürlicher, gerundeter Aufrichtung, am durchhängenden Zügel im Tölt dahinschwingt.

 

 

 


  

 

 

 

 

 

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